Der TEE Rheingold in Berlin
Eine Legende im Ostbahnhof
Topanker
Vorgeschichte1
Bild und Text: Lutz Röhrig
Es ist erst wenige Jahrzehnte her, da blickten wir West- Berliner, wenn es um den Eisenbahnverkehr ging, sehnsuchtsvoll ins Bundesgebiet. Was es da alles gab, wovon wir auf unserer „Insel“ nur träumen konnten: elektrische Lokomotiven (das auf Grund alliierter Bestimmungen von der Reichsbahn der DDR betriebene Schienennetz West – Berlins war nicht elektrifiziert)! Züge, die 200 km/h im Regeldienst fuhren! Stündliche Städteverbindungen! Und es gab ihn - den Luxuszug der Träume, den TEE!
Dieser besaß Speisewagen, die noch den Namen verdienten. Komfortable Abteilwagen, die nicht dem üblichen schlichten Wagenmaterial der DDR Reichsbahn oder der Bundesbahn entsprachen, das auf den Transitstrecken zum Einsatz kam. Denn die Wagen hatten sich der Energieversorgung der bei der DDR Reichsbahn eingesetzten Lokomotiven anzupassen. Das Beste aber waren jene vollverglasten TEE - Aussichtswagen, die auf den Rheinstrecken unter dem Zugnamen "Rheingold" verkehrten! Aber es sollte bei sehnsüchtigen Blicken bleiben…
| Die Hand an der Krempe wird der TEE - Sonderzug von Mitarbeitern der Deutschen Bahn am Ostbahnhof begrüßt.
Elektrolok2
| Ab Herbst 1962 wurden Elektrolokomotiven der Baureihe E 10.12 mit der gegenüber der Serien E 10 eleganteren Stirnfront (mit "Bügelfalte") ersetzt. Die hier zu sehende AKE-Lok E 10.1309 war 1964 von der damaligen Deutschen Bundesbahn speziell als Zuglok des TEE Rheingold in Dienst gestellt worden. Hersteller war Kraus - Maffei.
Denn zur West - Berliner Zeit bin ich als Kind nie in den Genuss einer Reise mit dem TEE gekommen, da bei Urlaubsfahrten von unserer Mutter stets auf jede Mark geachtet werden musste. So war es eben damals. Als ich dann über eigenes Einkommen verfügte, war der erheblich weniger luxuriöse Intercity mit seinem beide Wagenklassen umfassenden Angebot Standard: den luxuriösen TEE – Verkehr gab es da nicht mehr. Und so erinnerte einzig noch ein altes Album der Gruppe Kraftwerk, die übrigens enge Verbindungen zum Wilmersdorfer Electronic Beat Studio besaß, mich mit seinem Titel an jene legendären Züge...
Aber am 2. Mai 2019, ausgerechnet am früher im Ostteil der Stadt gelegenen Ostbahnhof, konnte ich noch einmal einen Blick auf jenen Jugendtraum werfen: auf einen der letzten Vertreter jener schon an sich besonderen TEE -Zuggattung, dem "Rheingold" mit seinem einst für die Rheinstrecken bestimmten Aussichtswagen!
Gezogen wurde er von einer speziellen Abwandlung der damaligen Serien - E 10, die statt 140 km/h nun eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreichen konnte, was u. a. durch abweichende Drehgestelle (von Henschel) ermöglicht wurde. Später wurden diese E 10.12 von der neuen Superlok der damaligen Zeit ersetzt: der legendären, ab 1965 gebauten E 03, die erstmals 200 km/h im Regeldienst erreichte.
Dass es die E 10.1309 und diesen Zug mit seinen Speise-, Sitz- und Aussichtswagen noch gibt, ist im Übrigen ein Verdienst der AKE - Eisenbahntouristik und des Inhabers Jörg Petry. Unterhalt und Pflege der Wagen sind jedoch teuer, auch sie müssen regelmäßig zu den vorgeschriebenen Fristuntersuchungen.
| Einst Inbegriff für Luxus und Schnelligkeit auf der Schiene: der Trans Europ Express (TEE).
Nachwort3
| Auch heute blieb nur ein sehnsüchtiger Blick dem Zug hinterher - wie einst, als ein junger West - Berliner im Bundesgebiet erstmals diese Züge sah...
Irgendwann, so habe ich es mir vorgenommen, werde ich auch in jenem Zug sitzen, der einst meine Träume – und damals auch meine Modellbahn - beherrschte. Und auch meine Partnerin sagte mir am Ende meiner Geschichte, das sie sich dem gerne anschließen wird. Irgendwohin, mit dem Komfort der damaligen Zeit...
Sollten Sie also eines Tages ein Paar erblicken, das versunken in Erinnerungen verträumt aus dem Fenster vielleicht eines Aussichtswagens blickt, dann denken Sie an meine Geschichte von jenem West - Berliner Jungen, welcher bei Reisen ins Bundesgebiet fasziniert von jenen schnellen Zügen war. Züge, von denen er annehmen musste, dass sie auf Grund der politischen Lage niemals seine Heimatstadt erreichen würden. Zum Glück sollte er sich irren...