Mariendorfer Damm 145
Wunderland Berlin
Alt-Mariendorf Mariendorfer
Damm 145
Institutionen1
1 | Eine Institution: Wunderland Spielwaren
Bild und Text: Lutz Röhrig
Am Mariendorfer Damm 145, kurz vor der Reißeckstraße liegt eines der wohl namhaftesten Spielwarengeschäfte im südlichen Teil Tempelhofs: Das „Wunderland“. Die seit vielen Jahrzehnten existierende Spielwarenhandlung war kurz nach Kriegsende von der Familie Wunderlich begründet worden, die zugleich einen Autohandel neben dem ehem. Restaurant Freiberg am Mariendorfer Damm betrieb.
Später expandierte der Autohandel, es wurden Filialen in Steglitz und nach der Wende in Schönefeld eröffnet. 2018 kam es zu einer grundlegenden Änderung. Der Autohandel am Mariendorfer Damm wurde aufgegeben, das Spielwarengeschäft an Frau Pamela Oestreich und Herrn Matthias Ottinger verkauft, die es bis heute betreiben. Das Spielwarengeschäft ist in den rund 70 Jahren, die es besteht, längst zur Institution geworden.
| Die Aufnahme entstand in den 1950er / 1960er Jahren und zeigt das erste Restaurant-Gebäude der Familie Freiberg als Gaststätte "Bürger-Klause". Rechts daneben auf dem freien Grundstück die ersten Anfänge des heute noch an anderer Stelle bestehenden "Autohaus Wunderlich".
| Drei Bilder des Hauses Mariendorfer Damm 145. Das Gebäude Chausseestraße 265, heute Mariendorfer Damm 145 im Jahre 1907. Damals bestand an Stelle des heutigen Spielwarenladens ein Friseurgeschäft. Auch zu sehen sind die kunstvoll verzierten Masten der Straßenbahnoberleitung und die daran befestigten Elektrofreileitungen der Hausanschlüsse.
| Dasselbe Gebäude 1910. Fotografieren war damals etwas Besonderes. Gern haben sie daher alle Mieter und auch die zahlreichen Kinder vor dem Haus und auf den Balkonen aufgestellt. Während links der Friseurladen weiterhin besteht sind die Geschäftsräume rechts des Hauseinganges anscheinend nicht vermietet.
| Im Jahre 2022 ist Fotografieren längst Alltag. Verschwunden sind die Oberleitungsmasten der Straßenbahn und die daran befestigten Elektroleitungen. Der Stuck des Gebäudes ist etwas schlichter geworden und auch das Dach hat seine drei Gauben zwischen den Rundbögen der Erker verloren.
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| Blick vom Haus des heutigen Spielwarengeschäftes quer über die Straße zur Dorfkirche, vermutlich in den 1950er Jahren. Noch ist die Einmündung der Friedenstraße nur ein schmaler Weg, zu dessen Verbreiterung später das Haus links abgebrochen wird. Heute befindet sich hier ein Komplex der BVG mit schmalem Bürogebäude, U-Bahneingang und Buswartehalle.
2 | Erinnerungen an die Kindheit
Beim Thema Spielwarengeschäft, da werden Erinnerungen an die eigene Kindheit und die unserer Kinder wach. Autos von Siku, Puppen, Brettspiele, Puzzles – nichts, was es hier am Mariendorfer Damm nicht geben würde. Ein Paradies nicht nur für Kinder. Und das Ganze dann auch noch fachkundig erklärt durch Frau Oestereich. Das ist es, was einem online fehlt. Der physische und haptische Eindruck vor Ort und die persönliche Beratung. Einfach in das Geschäft gehen, träumen angesichts der Vielfalt von Spielwaren aller Art, suchen, stöbern - das gibt es so nicht am Computer.
Irgendwann, wenn die Kinder ins schulpflichtigen Alter kommen oder gar zur Uni gehen, werden Schultaschen, Federbeutel, jede Menge Blöcke, Ordner, Hefte, Lineale, Geodreiecke, Stifte benötigt… Alles vorhanden und das in einer schier endlosen Auswahl. Bleistift H3? Kein Problem. Schultaschen? Eine riesige Auswahl im Nebenraum. Meine Partnerin und ich waren überwältigt.
| Blick aus einem der Fenster des Gebäudes Mariendorfer Damm 145 während einer Großveranstaltung mit Kapelle und einem Fahrradkorso. Der Kreuzungsbereich ist heute, wie oben beschrieben, völlig verändert.
| Den Fahrradfahrern des nebenstehenden Bildes folgte ein Fahrzeugkorso mit Zugmaschinen und Kastenanhängern eines bekannten Berliner Umzugsunternehmen und einer Brauerei.
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3 | Service für den Kiez
Doch es gibt auch einiges, mit dem man nicht unbedingt rechnet. Schwer fließender, farbiger Sand, einzig dazu bestimmt, an langen Fernsehabenden genüsslich durch die Hände der Damen – wahlweise der Herren - zu fließen. Denn wer sich während des Krimis etc. damit beschäftigt, der greift nicht zur Chipstüte, Schokolade oder sonstige Leckereien. Das Figurproblem rinnt einem wortwörtlich durch die Finger…
Sie möchten ein DHL - Paket hier abholen? Auch dieser Service wird geboten. Klar, denn gute Nachbarschaft ist wichtig. Nicht jeder hier im Umkreis ist permanent daheim und kann auf den Paketdienst warten. Immer wieder kommen auch Kinder ins Geschäft, die offenbar Frau Oestereich schon lange kennen. Man kauft vielleicht eine Kleinigkeit, unterhält sich aber zugleich mit ihr über viele andere Dinge. Auch ältere Herrschaften kommen regelmäßig, fragen nach Präsenten für ihre Enkel - und werden umfassend und kompetent mit viel Herz und Engagement beraten. Man merkt, über das reine Verkaufsangebot hinaus hat das Geschäft eine wichtige soziale Funktion hier im Kiez. Es zeigt, wie wertvoll auch der Fachhandel für das Zusammenleben in Großstädte wie Berlin ist. Etwas, das Onlineportale nicht bieten können.
| Ein Blick durch die Regalreihen zeigt die riesige Auswahl an Schreib- und Spielwaren.
| Für Schüler, Studenten oder Büroarbeiter gibt es alles, was man an Ordnern, Schreibmaterialien usw. benötigt.
| Wie wäre es mit einem netten Puzzle? In Coronazeiten besonders gefragt.
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| Der Kassenbereich trennt den Schreibwaren- (links) vom -Spielwarenbereich (rechts) des Wunderlands. Im Hintergrund schließt sich der Ladenbereich mit den Schultaschen an.
4 | Ein paar Fotos zum Schluss
Die Fotos zeigen das reichhaltige Angebot, welches das Wunderland bei unserem Besuch noch immer hatte. Doch zum 1. Dezember 2022 musste leider auch dieses traditionsreiche Geschäft für immer seine Ladentüren schließen.
| Die Fa. Sieper in Lüdenscheid, bekannt u. a. auch durch Badezimmerschränke, wurde bald auch durch die von ihr angemeldete Marke SIKU (Sieper Kunststoff) als Spielwarenhersteller bekannt - vor allem Dank der Metallautos.
| In einem Nebenraum findet sich eine große Auswahl an Schultaschen, Trinkflaschen und Behältnissen für alles, was man im Schulalltag benötigt.