Stellwerk "Tfd"
Am S - Bahnhof Attilastraße
Topanker
Die Dresdner Bahn - Folge 1
Stellwerk Tfd Attilastraße
Jahrzehntelang regelte es den Fern- und Nahverkehr am Bahnhof Attilastraße. Doch 2017 kam das Ende...
Vorgeschichte1
Bild und Text: Lutz Röhrig
Der Wiederaufbau bzw. die Modernisierung der Eisenbahnstrecken in Berlin hat leider auch zu einem Verlust von zahlreichen architektonischen Zeugnissen der Eisenbahngeschichte geführt. Stellwerke, Lokschuppen oder gar ganze Bahnhofsanlagen fielen bereits der Spitzhacke zum Opfer. Ein solcher Fall ist im Zusammenhang mit dem Ausbau der Dresdener Bahn auch das markante Stellwerksgebäude „Tfd“ am Bahnhof Attilastraße.
Der Bahnhof „Mariendorf“ (ab 1992 Attilastraße) wurde 1895 eröffnet. Er ersetzte den seit 1875 bestehenden Bahnhof „Südende B. D.“ (B. D. = Berlin – Dresden, im Unterschied zur gleichnamigen Station an der Anhalter Bahn). Der Bahnhof bestand im Grunde lediglich aus einer Weiche am nördlichen Bahnhofsende, welche es ermöglichte, dass die von Berlin aus kommende eingleisige Strecke zweigleisig in Richtung Zossen weitergeführt werden konnte. Das dritte, an der Station jedoch in einigen Abstand vorbeilaufende Gleis gehörte zur parallel verlaufenden Militäreisenbahn. In den Jahren 1910 – 1914 wurde die bis dahin ebenerdige Trasse der Dresdener Bahn auf einem Damm verlegt und das heute noch erhaltene Bahnhofsgebäude errichtet. Das Gleis der Militärbahn verblieb hingegen weiterhin im Planum.
| Das Stellwerk Tfd vor dem Abbruch. Da es auf Grund des nahen Verschiebebahnhofs, der Einfädelung der Dresdner Fernbahn in die Vorortbahn sowie mit der Zuführung der Ladungsverkehre zum Güterbahnhof Mariendorf umfangreiche Aufgaben zu bewältigen hatte, war es eines der größten Stellwerke an der Dresdner Bahn in Berlin.
| Zwischen dem Bahnsteig des Bahnhofs Attilastraße (vorne) und dem Stellwerk verläuft das Verbindungsgleis zur Anhalter Bahn, das noch heute von Güterzügen vom Bahnhof Marienfelde und dem Tanklageranschluss genutzt wird. Im Hintergrund der von Vodafone und Assa Abloy Sicherheitstechnik genutzte Komplex an der Attilastraße. Der Blick geht in Fahrtrichtung Priesterweg.
| Erst die Rückseite des Stellwerks lässt einen die Dimensionen des Gebäudes gewahr werden. Markant auch die Rundbögen des Erdgeschosses.
| Blick entlang der Bahnsteigkante über die Straßenbrücken hinweg in Fahrtrichtung Marienfelde.
| Aufgang vom Stellwerk zu den Bahngleisen.
| Einer der Rundbögen, hinter denen sich die Eingangstüren zum Treppenaufgang im Inneren des Stellwerks befanden.
| Blick in Richtung Bahnsteig. Inzwischen hat der Bahnhof, wie an dem gläsernen Turm erkennbar, eine Aufzugsanlage erhalten.
Aufgabe2
| Schematischer Plan der Gleisanlagen im Bahnhof Mariendorf, heute Attilastraße. Das Stellwerk befindet sich in der Mitte der Planskizze.
Dem Bahnhof Mariendorf kam eine wichtige Rolle zu, da hier die aus Richtung Berlin kommende Dresdner Bahn mit ihrem Fern- und Güterverkehr in die Gleise der Vorortstrecke Richtung Zossen einmündete. Im Gegensatz zu vielen anderen Strecken, die im Laufe der Zeit getrennte Gleise für den Fern- und Vorortverkehr erhielten, blieb diese Koppelung der Verkehre auf der Dresdener Bahn bis zur Einstellung des Fernverkehrs weiter bestehen – was die heutigen Probleme bei der beabsichtigten Reaktivierung des Fernverkehrs bedingt.
Die Zusammenführung der Fern- und Vorortbahn sowie die Steuerung der hier beginnenden Ein- und Ausfahrgruppe der Dresdener Bahn in den Rangierbahnhof Tempelhof sowie der Verkehr zum ehem. Güterbahnhof Mariendorf erforderte eine Vielzahl an Weichen und Signalen, deren Steuerung zahlreiche kleinere und größere Stellwerke erforderte. Dem Stand der Technik folgend, wurde am 21. März 1926 das große Stellwerk Tfd (Telegraphische Abkürzung für: Tempelhof Dresdner) in Betrieb genommen.
| Blick vom Bahnsteig in Richtung Marienfelde. Hinter den hohen Pappeln im Hintergrund befindet sich das Gelände des ehem. Gaswerks Mariendorf.
| Blick vom Stellwerk in Richtung Südkreuz. Nur noch das Verbindungsgleis zur Anhalter Bahn blieb bis heute in Betrieb. Inzwischen ist für den Wiederaufbau der Dresdner Bahn nahezu der gesamte Baumbestand gerodet worden.
Abbruch3
Längst gibt es den Rangierbahnhof Tempelhof, welcher in den Naturpark Südgelände aufgegangen ist, nicht mehr. Und auch der Güterbahnhof Mariendorf wird nur noch per LKW bedient, die Gleise dort sterben eines langsamen Rosttodes. Ab und an erblickt man einen Güterzug, welcher hier am Bahnhof Attilastraße auf die Gleise der Anhalter Bahn wechselt.
Doch mit diesem „Idyll“ ist es inzwischen vorbei. Längst haben die Arbeiten zum Ausbau der Dresdner Bahn begonnen. Bereits mit dem Ausbau der Anhalter Bahn entstand die Ausfädelung der Dresdener Bahn in Form von zwei Brückenbauwerken, die auf die höher gelegene Trasse der Dresdner Bahn führen.
| Das Stellwerk während des Abbruchs.
| Die Abbrucharbeiten lassen einen Blick ins Innere des Stellwerks zu. Im linken Teil des Gebäudes befindet sich das Treppenhaus. Im 1. OG vorne der Bereich der Stellwerkstische und Weichenhebel.
Der bereits nach der Wende angestrebte Wiederaufbau der Dresdener (Fern-) Bahn tritt nun, nach zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen, in seine heiße Phase. Bäume werden entlang der Trasse gefällt, Lauben abgerissen, und, leider, auch so manches architektonische Zeugnis aus der Frühzeit des Eisenbahnwesens beseitigt.
Der Platz wird gebraucht für eine Reaktivierung des Personen – Fernverkehrs auf der Dresdner Bahn, welcher auf Grund der heutigen Elektrifizierung mit 15 kv Wechselstrom nicht, wie zuvor, gemeinsam mit der gleichstrombetriebenen S- Bahn auf denselben Gleisen laufen kann. Am 15. März 2017 war es dann schließlich auch am Bahnhof Attilastraße soweit: Ein Bagger setzte - nach 91 Jahren – dem alten Stellwerksbau ein Ende.