Das Weiße Röss'l
In Lichterfelde
Topanker
Vorgeschichte1
Bild und Text: Lutz Röhrig
…ab und zu musste er ja bei der damaligen doppelter Haushaltsführung sein - der Blick in meine bisherige, bis zur endgültigen Renovierung unseres Häuschens kaum mehr genutzte Wohnung. Die Pflanzen müssen versorgt, Papiere geordnet und Handwerker empfangen werden - so auch an jenem Samstagvormittag.
Hat man alles erledigt stellte sich die nächste Frage: Wo essen wir? Kochen war in der Wohnung mangels Vorräten kaum mehr möglich. Doch es gibt ja zum Glück eine Menge guter Restaurants in der Umgebung. Meine Partnerin war natürlich begeistert. Sie kenne da auch etwas in der Nähe...
| Das Weiße Röss'l. Seit über 120 Jahren gemütliche Gastlichkeit in Lichterfelde.
| Das Weiße Röss'l. Der Weg vom Tor zum Eingang führt über eine originelle Brücke.
Zwar nicht gerade am Wolfgangsee, dafür aber nur wenige Autominuten von meiner damaligen Marienfelder Wohnung entfernt an der Heinersdorfer Straße befindet sich das auf typisch bayerische, österreichische und Pfälzer Kost spezialisierte Weiße Röss'l - ganz in der Nähe des S- Bahnhofs Osdorfer Straße. Da auch ich angesichts der vielen handwerklichen Tätigkeiten in unserem Haus auf eher etwas Rustikales Appetit hatte, erschien mir dieser Vorschlag von meiner Partnerin äußerst passend. Also nichts wie hin...
Wenn das Weiße Röss'l auch nicht an jenem vielbesungenen See, sondern in Lichterfelde gelegen ist, so hat man doch vom Eingangsportal des Biergartens aus eine hölzerne Brücke zu überschreiten, die zwar kein Gewässer quert, dafür aber eine auch für Rollstuhlfahrer geeignete Zufahrt zum Restaurant bietet.
Club2
Das Weiße Röss'l ist in einem jener typischen zweistöckigen Vorortshäuser ansässig, wie man sie noch häufig in Lichterfelde findet. 1892 wurde das Gebäude samt Gaststätte durch den Baumeister und Gastwirt Johann Guthke errichtet. Bereits zwei Jahre später gibt Guthke das Lokal an den Gastwirt H. König ab, das nun den Namen "Königshöh" erhält. 1910 kommt es zu einem erneuten Eigentümerwechsel. Wirtin Hildegard Hagen führt das Restaurant nun unter dem Namen "Zum Mecklenburger". Die politischen Unruhen der 1920er und 1930er Jahre allerdings zwingen sie schließlich zur Aufgabe.
Am 17. August 1938 übernimmt der aus dem bayerischen Tegernsee stammenden stammende Kapellmeister Quirin Moar das Gasthaus. Moar hatte durch seine 26 Mann starke "Original Oberlandler Kapelle" eine gewisse Bekanntheit erlangt. Immerhin trat er mit dieser nicht nur im Berliner Wintergarten, in der Femina (in der Tauentzienstraße) oder im Hauser Vaterland am Potsdamer Platz auf , sondern auch in der Royal Albert Hall sowie auf der Weltausstellung in Philadelphia.
| Es gibt im Weißen Röss'l viele gemütliche Ecken.
| Das Weiße Röss'l. Blick auf den Tresen.
Zudem nahm er mit seiner Kapelle zahlreiche Schallplatten auf und spielte in Radiosendungen. Auch als Kunstschütze und Jäger wurde er bekannt. In den Louis Trenker Filmen der 1930er Jahre übernahm er kleinere Rollen. Aus dieser Zeit stammt auch die bis heute erhaltene Möblierung der Gaststätte.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Gaststätte von den Amerikanern in ein Offizierskasino umgewandelt. Hohe Bretterwände umschlossen den Garten der Wirtschaft, da die Offiziere ganz unter sich zu sein wünschten. Immerhin war dadurch die Zukunft der noch von Moar geführten Gaststätte gesichert. Nach dem Tode Quirin Moars im Jahre 1961 führte der Fleischermeister Heinz Gerbsch die Wirtschaft bis zum Jahr 1996 weiter, welcher durch die Wirtin Angelika Hartmann abgelöst wurde.
Seit dem 17. August 2008 führt nun die jetzige Wirtin Diana Fritz das Gasthaus. ganz im Geiste Quirin Moars, dessen Mobiliar sie einer umfassenden und aufwendigen Restaurierung unterzog. Wichtig sind der stets freundlichen und im "zünftigen" im Dirndl gewandeten Wirtin die gute Qualität des Essens. Na dann schaun mer mal....
| Das Restaurant "Königshöh" um 1900. Vor dem Garteneingang hat sich die Familie König samt ihren Angestellten versammelt. In der Mitte Herr König. Postkarte Sammlung Röhrig.
| Blick auf den Gastraum in den 1950er Jahren noch zu Zeiten Moars. Postkarte Sammlung Röhrig
| Postkarte der "Grinzing Lauben" in der "Neuen Philharmonie" in der Köpenicker Straße in Mitte. Oben rechts: Quirin Moar mit seiner Oberländler Kapelle. Postkarte Sammlung Röhrig.
| Die Rückseite der nebenstehenden Postkarte. Ob Quirin Moar und seine Gaststätte in Lichterfelde mit dem "Weissen Rössl" in der Neuen Philharmonie zu tun hat? Bislang konnten hierzu noch keine direkten Hinweise gefunden werden.
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Und wie war unser Essen? Nun, da ich ein Liebhaber von Wild bin, ließ ich mir den "Hirschbraten mit Knödel und Preiselbeeren" servieren. Übrig blieb davon am Ende nichts mehr...
Und meine charmante Begleitung? Nun, das Münchner Schnitzel wurden, sooft ich zu ihr schaute, mit beachtlicher Geschwindigkeit zusehends kleiner. Besonders delikat war, so sagte sie später, die Senf-Kren unter der Panade.
Und die sich uns abschließend stellende Frage, ob wir beide dann einmal wiederkommen werden? Nun, auch dies kann mit einem bestimmten "Ja" beantwortet werden - inzwischen nun schon viele Male...
| Eine der gemütlichen Ecken im Jagdstüberl.
| Der Blick in Richtung des Jagdstüberls.
| Durchgang zum Jagdstüberl.
| Das Bauernstübl im Weißen Rössl.
| Es gibt viel zu sehen im Weißen Rössl - selbst in den alten Kastenfenstern.