Lichtenrader Bücherstube


Bücher mit Charme

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Lichtenrader Bücherstube

Bücher mit Charme

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Vorwort1

1Vorwort. Ein Besuch

Bild und Text: Lutz Röhrig 

Natürlich hat meine Partnerin in Lichtenrade ebenso ihre Lieblingsläden, wie ich in meiner alten Heimat Kreuzberg. Da wir beide ziemlich viel an Fachliteratur und auch Belletristik verschlingen (freiwillig) und unsere drei Kinder seitens ihrer Schule bzw. der Uni ebenfalls einen hohen Bedarf haben (nicht ganz freiwillig), sind wir des Öfteren Kunde in den kleineren und größeren Buchläden unserer Stadt.


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Franziska Lieblingsort ist dabei seit jeher die „Lichtenrader Bücherstube“ in der Bahnhofsstraße, die auch ich hierdurch kennenlernen konnte. Und ich muss sagen, der kleine Bücherladen hat Charme.  

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Lichtenrader Bücherstube Innenansicht des Buchladens in der Bahnhofsstraße

| Auf 24 qm (plus 10 fürs Lager) hält die Lichtenrader Bücherstube ein ausgesuchtes Sortiment an Titeln bereit.  


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Die Inhaberin Lina Hilsing der Lichtenrader Bücherstube

| Die heutige Inhaberin Lina Hilsing vor einem kleinen Teil ihrer großen Auswahl an Titeln. Übrigens, das ganz rechts zu sehende Buch: Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur" kann auch ich nur empfehlen...  

2Die Bücherstube

Man sieht es den knapp 24 qm großen Laden von außen nicht an, welch vielfältiges Angebot an Büchern aller Art er hat. Immer wieder ist man erstaunt, was alles vorrätig ist – und was man beim Stöbern auf der reichhaltigen Auslage vor dem Schaufenster so entdecken kann.

 

Dieses Wunder des großen Angebots bei kleinteiliger Fläche ist der Inhaberin Lina Hilsing zu verdanken. Seit dem 1. Januar 2011 führt sie nun schon den Laden in der Bahnhofsstraße. Doch bereits zuvor war die gelernte Buchhändlerin unter dem damaligen Inhaber Paul von der Nüll hier tätig – 12 Jahre lang, bis es sich ergab, dass sie den Laden wegen des Ruhestands Paul von der

Nülls übernehmen konnte. 

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3Die Frage nach dem seit wann

Wie lange die Buchhandlung ganz generell existiert, kann Lina Hilsing nicht genau sagen. Stammkunden kennen den Laden schon seit den 1950er Jahren – was wohl bedeutet, dass die Buchhandlung mit Fertigstellung des Wohn- und Geschäftshauses Bahnhofsstraße 25 hier eröffnete. Zeit für etwas Recherche in die Jahre vor dem Mauerbau und der sich langsam wieder erholenden Wirtschaft West - Berlins.

 

Das Gebäude an der Bahnhofsstraße 25 war im Rahmen des Notstandsprogramms 1954 errichtet worden. Wohnungen gab es knapp zehn Jahre nach Kriegsende immer noch zu wenige, zumal West – Berlin zu einer Drehscheibe der Flüchtlingswelle aus der DDR geworden war. Wurden auch die meisten der Flüchtenden ins Bundesgebiet weitergeleitet, so konnten doch viele Verwandte und nahestehende Angehörige im Westteil der Stadt geltend machen - was zum Bleiben berechtigte.

Geschäfte, Restaurants und Kinos wie etwa die Bismarck – Lichtspiele in der Zescher Straße oder das Roma kurz vor dem Lichtenrader Damm profitierten hingegen auch ganz direkt von ihrer Nähe zur noch nicht hermetisch geschlossenen Grenze. Tagtäglich kamen tausende von Kunden aus dem Umland nach Lichtenrade, um hier abseits der sozialistischen Mangelwirtschaft einkaufen zu können oder den politisch eingefärbten Film- und Unterhaltungsangeboten wenigstens zeitweise zu entgehen. Mit dem Mauerbau und dem Verlust des Kundenklientel aus der DDR kam für viele Betriebe jedoch das „Aus“. 

Man geht gern in das kleine Geschäft in der Lichtenrader Bahnhofsstraße

| Die Lichtenrader Bücherstube - längst eine Institution, nicht nur an der Bahnhofsstraße. 

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Einst gab es zur Lichtenrader Bücherstube passend auch einen Verlag

| Anzeige der Lichtenrader Bücherstube unter dem damaligen Inhaber K. Schlotmann - zugleich auch Werbung für das im "Verlag der Bücherstube" herausgegebene Buch "Lichtenrade, ein Dorf in Berlin".  

4Der Lauf der Dinge

Die Aufbruchstimmung zu Beginn der 1950er nutzte offenbar auch der in der Krügerstraße 28 lebende Buchhändler Curt Hübler, um zusammen mit seiner Frau Margarete in dem gerade fertiggestellten Neubau an der Bahnhofsstraße 25 einen Buchladen zu eröffnen. Von Anbeginn an trug das Geschäft den Namen "Lichtenrader Bücherstube". Die Familie Hübler wirtschaftete erfolgreich. Doch nach 20 Jahren Leidenschaft für das Buch übergab sie 1974 das Geschäft schließlich an Klaus Schlotmann.

 

Klaus Schlotmann betrieb neben dem Laden in der Bahnhofsstraße auch den "Verlag Lichtenrader Bücherstube", in dem er meist Werke zur Geschichte des Stadtteils Lichtenrade publizierte.  So erschien 1983 in Zusammenarbeit mit dem Museum Tempelhof und dem dortigen Kunstamtsmitarbeiter Wilfried Postier das kleinformatige Buch "Lichtenrade - Ein Dorf in Berlin".   

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Es ging, wie viele Kunden zu erzählen wissen, ein wenig unübersichtlich in dem kleinen Laden zu - doch Klaus Schlotmann fand jedes gewünschte Buch auf Anhieb in seinem sehr speziellen System. Auch Schlotmanns Hund, welcher oft schläfrig vor der Ladentüre lag, ist vielen noch im Gedächtnis geblieben.

 

Kurz vor der Wende übernahm schließlich Stefan Tanzki die Lichtenrader Bücherstube, dem 1991 dann Paul von der Nüll folgte, bei dem auch Lisa Hilsing tätig war. 1999 löste sie schließlich Paul von der Nüll, der aus Altersgründen die "Lichtenrader Bücherstube" aufgeben musste, ab.

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Schlotmanns Hund vor der Lichtenrader Bücherstube

| Schlotmanns in ganz Lichtenrade bekannter Hund vor der Ladentür. Foto: Gabriele Fester. 


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Lina Hilsing vor ihrer Lichtenrader Bücherstube

| Es war ein interessanter Besuch bei Lina Hilsing und der Lichtenrader Bücherstube. Sicher werden auch wir noch oft den ein oder anderen Buchwunsch haben...  

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5Ein Ausblick

Die Buchhandlung in der Bahnhofsstraße hat die Zeiten überlebt. Längst ist sie den Lichtenradern ans Herz gewachsen. Dies ist auch heute noch zu spüren. Immer wieder trifft man auf Leute, die vor allem wegen des Baus der Dresdner Bahn in Sorge sind. Befürchtet wird, dass durch die massiven Einschränkungen bis zu deren Fertigstellung viele Geschäfte in der Bahnhofsstraße schließen könnten. „Das größte Unglück wäre für uns“, so ist zu hören, „wenn der Buchladen nicht mehr existieren würde“. Denn viele Lichtenrader lieben das ganz spezielle, auf ihre Bedürfnisse und Geschmäcker abgestimmte Sortiment. Und im Laden zu stöbern und sich dabei umfassend beraten zu lassen ist schließlich etwas anderes, als Online erst umständlich nach Titeln, die vielleicht jeweils in Frage kommen könnten, suchen zu müssen.

 

Doch auch die Lichtenrader Bücherstube geht mit der Zeit. Längst kann man Bücher auch auf der eigenen Internetseite bestellen. Und für den Urlaub, bei dem ein allzu großer Vorrat an gewichtigen Büchern nur hinderlich sein würde, gibt es auch eine große Auswahl an E- Book - Titeln. Wie bereits der Blick in die Vergangenheit zeigt, die Lichtenrader Bücherstube hat, Dank der Treue der Lichtenrader, im Laufe ihres nun schon etliche Jahrzehnte währenden Bestehens so manche Veränderung in ihrem Umfeld gemeistert.

 

Und die nächste Herausforderung steht durch den Umbau der Bahnhofsstraße im Zusammenhang mit der Wiedererrichtung der Dresdner Fernbahn quasi schon vor der Tür. Einer der Gründe, warum sich Lina Hilsing zusammen mit anderen Interessierten seit Längerem in der Initiative Aktives Zentrum Lichtenrader Bahnhofsstraße engagiert. Schließlich soll die Bahnhofsstraße auch in Zukunft ein Ort sein, an dem sich jeder wohlfühlt. Dank charmanter Ladengeschäfte wie die "Lichtenrader Bücherstube" ganz sicher...