Potsdamer Straße
Kino im Sony Center
Potsdamer Straße
Kinogang1
1 | Ein Kinogang
Text und Bild: Lutz Röhrig
Wie oft waren meine Partnerin und ich im Sony – Center – wohl unzählige Male. Es liegt für uns ja „arbeitstechnisch“ gesehen geradezu nahe. Mal war es der dortige Buchladen, welcher uns ins Center führte, mal der Besuch eines Restaurants oder der des Lego – Shops
Natürlich kannten wir auch das dortige Kino. Um so mehr waren wir betroffen, als bekannt wurde, dass eben dieses Kino zum 31. Dezember 2019 schließen muss. So wurde der Gang ins IMAX kurz vor Weihnachten, um Jumanji 2 einmal in der Originalfassung und 3D erleben zu können, zur letzten Kinovorstellung, die wir dort sehen sollten.
| Sicher nicht die vielbesungenen Augen von Bette Davis und auch nicht die des Vorspannes zu den Tatort-Krimis. Aber sicher eine beeindruckende Lichtinstallation am Zugang zum Kinosaal 8.
| Der oberirdische Teil des sog. Entertainment - Komplexes. Im Erdgeschoss befand sich der Kassenbereich, von dem aus der Zugang zu den beiden IMAX - Etagen darüber oder zu den 8 Kinosälen im Tiefgeschoss erfolgte.
| ich vermisse ihn: den roten Teppich für das Kinopublikum mit Zitaten aus Taxidriver und die beeindruckende Lichtöffnung zum Zentralplatz des Centers mit seiner Zeltdach-Kuppel.
| Schriftzug über dem Foyer.
| Eingangsbereich zum Foyer mit Anzeige der aktuell gespielten Filme.
HelmutJahn2
| Der Kassenbereich im Foyer.
2 | Der Architekt Helmut Jahn
Das Kino war untrennbar mit der Baugeschichte des Sony – Center verbunden. Der rund 26000 qm umfassend Komplex des Centers, welcher ursprünglich die Europazentrale von Sony beherbergte, war in den Jahren 1996 – 2000 durch den Stararchitekten Helmut Jahn geplant und durch dessen Büro Murphy/Jahn ausgeführt worden.
Herzstück des Centers ist ein ovaler Platz, welcher von einer gewaltigen, die sieben Einzelgebäude der Platzrandbebauung zusammenfassenden Zeltdachkonstruktion überwölbt wird. Die Silhouette der Dachkonstruktion erinnert an den heiligen Berg Japans, den Fujiyama - eine Intention des damaligen Bauherren Sony.
Teil dieser Platzrandbebauung ist auch der kubisch in den Platz hineinragende sog. Entertainment – Komplex mit rund 17000 qm Geschossfläche, welcher von Anfang an für den Betrieb eines Kinos vorgesehen und gleichfalls von Helmut Jahn entworfen worden war.
| Die Fahrtreppen im Foyer gegenüber dem Kassenbereich. Nach oben geht es ins IMAX, nach unten zu den 8 Kinosälen bzw. in den Lego - Shop.
| Zwischenpodest. Die große Tiefe machte einen gebrochenen Lauf der Fahrtreppen über eine Zwischenebene notwendig.
Kinosaele3
3 | Flur und Kinosäle
Helmut Jahn hatte sich für den Kinobetrieb architektonisch so einiges einfallen lassen. So war etwa der lange Flur, welcher die 8 sich unter der Platzanlage erstreckenden Kinosäle miteinander verband, in der Mitte mit einem Glasdach versehen worden, welches den direkten Blick nach oben in die den Platz überwölbende Zeltdachkonstruktion freigab.
Betreten konnte man den Kinokomplexes direkt über die Eingänge vom Platz aus, wo sich neben den Kassen auch die Rolltreppen zum Untergeschoss mit den Kinosälen und der damaligen Sony Music Box (ab 2007 Lego - Shop) befanden - oder man fuhr vom Kassenbereich ins Obergeschoss zum IMAX Kino, das zudem auch über die seitlichen Rolltreppen des Entertainmentkomplex zu erreichen war.
Da auf der anderen Seite der Potsdamer Straße dem Sony – Center gegenüber die konkurrierende Cinemaxx – Gruppe ebenfalls ein großes Kinozentrum mit sogar 19 Kinosälen errichtet hatte, wurden ab dem 1. November 2001 nur noch englischsprachige Originalversionen der aktuellen Kinohits gezeigt, um so ein Alleinstellungsmerkmal zu erhalten. Das Kino im Sony - Center trug fortan den Namen "CineStar Original".
| Das untere Ende der Fahrtreppen im Kinobereich. Rechts geht es in den Lego - Shop.
| Bar unter den Fahrtreppen zum Foyer.
Die Kinosäle besaßen ein unterschiedliches Platzangebot. Entgegen sonstiger Gepflogenheit war der Kinosaal 1 nicht der größte, sondern mit 184 Sitzplätzen der zweitkleinste. Saal 2 besaß 277 Plätze, Saal 3 - 367, Saal 4 - 187, Saal 5 - 227, Saal 6, der kleinste Saal - 142, Saal 7 - 360 und Saal 8 -der größte Saal - 519 Sitzplätze. Damit konnte das Platzangebot flexibel entsprechend dem Bedarf angepasst werden.
Im roten Teppich übrigens, welcher den langen Flur zu den Kinosälen bedeckte, sind Zitate aus dem Martin Scorsese Film "Taxidriver" eingearbeitet - einem der besten und wichtigsten Filme des amerikanischen Kinos...
| Das Ende des langen Gangs zu den Kinosälen mit der dortigen Bar.
| Blick auf die Bar. Die Fenster lassen die Tieflage kaum erahnen.
Neon - Leuchtschrift für das CineStar Originalkino und dem IMAX.
| Blick vom Toilettenzugang in den Flur zu den Kinosälen.
imax4
4 | Das IMAX im Sony-Center
Mit der Eröffnung des CineStar IMAX im Sony - Center mit seinem 328 Sitzplätzen standen sich im Umkreis des Potsdamer Platzes nun drei Großkinos gegenüber - neben dem Cinemaxx mit seinen 19 Kinosälen auch das bereits am 2. Oktober 1998 eröffnete Discovery - Channel IMAX, das sich in der eigens hierfür errichteten Kuppelkonstruktion des heutigen Stage Bluemax - Theaters ("Bluemann-Group") befand. Kritik der Zuschauer über einige bauliche wie technische Unzulänglichkeiten führten jedoch 2006 zur Schließung des Discovery- Channel IMAX und zum Umbau in ein Theater, womit der unmittelbare Konkurrent für das CineStar - IMAX entfiel und hier die Zahl der Zuschauer steigen ließ.
2011 wurde jedoch auch das CineStar Imax geschlossen, um nach einem 1,2 Millionen teuren Umbau als CineStar EVENT wieder zu eröffnen. Damit sollte auch äußerlich erkennbar werden, dass es sich hier um ein Prämienkino mit herausragender Ton - und Projektionstechnik (wenn auch ohne IMAX), besonderen Kinosesseln mit großem Reihenabstand und erhöhtem kulinarischen Angebot handelt, das auf ein eher anspruchsvolles Publikum zielte. Ein Konzept, wie es zuvor erstmals in Berlin von der Astor Film Lounge am Kurfürstendamm umgesetzt worden war. Das gegenüber dem Astor im Komfort jedoch leicht reduzierte Konzept bewährte sich jedoch hier - anders als am Kurfürstendamm - nicht.
| Blick in den IMAX - Saal, wie er sich zuletzt präsentierte. Die luxuriösen Ledersessel stammen noch vom Umbau 2011.
| Die riesige Leinwand des IMAX - Kinosaals. Das bunte Farbspektrum deutet an, dass hier das 3D - IMAX Verfahren genutzt wird, welches Dolby Interferenzbrillen benötigt. Diese werden im Foyer der 1. Etage kostenfrei an die Besucher ausgegeben - und am Schluss der Vorstellung wieder von diesen abgegeben.
2013 wurde das Kino daher geschlossen, um es nach einem erneuten Umbau und erstmaliger Vergrößerung der Leinwand auf 26 x 19 m (und damit einhergehender Änderung des Bildformates) wieder als IMAX zu betreiben. Die luxuriösen Ledersessel wurden dabei jedoch nicht durch eine normale Bestuhlung ersetzt, sondern blieben weiterhin bestehen.
Seit dieser Zeit liefen, wie auch bereits in den übrigen Kinosälen des CineStar - Kinos im Sony - Center, neben Dokumentationen vor allem Spielfilme in der Originalsprache. Im Jahr 2015 erfolgte ein erneuter technischer Umbau des CineStar - IMAX, bei dem neben dem CineStar eigenen 12 Kanal Tonsystem auch eine 4K - Laser - Projektionsanlage installiert wurde.
DasEnde5
5 | Die Schließung des Kinos
Mit dem Auslaufen des Mietvertrags nach genau 20 Jahren kam indes zum 31. Dezember 2019 das Ende des CineStar - Kinos im Sony - Center. Zwar waren sowohl das Kino als auch das IMAX trotz der englischsprachigen Ausrichtung stets gut besucht, jedoch konnten die nunmehr gestiegenen Mieten nicht mehr kompensiert werden. Zudem hatte die britische Vue Gruppe inzwischen sowohl die Cinemaxx- als auch die CineStar-Kinos übernommen. Die Vue Gruppe gehört gemeinsam der Alberta Investment Management Corporation sowie der kanadische Oxford Properties Group.
Die kanadische Oxford Properties Group, welche ihrerseits zum kanadischen Pensionsfonds Omers gehört und zusammen mit dem norwegischen "Norges Bank Investment Management" (NBIM) Besitzer des Sony - Centers ist, hat für das Sony-Center ein neues Konzept entworfen, um das Center zeitgemäß umzugestalten- und die Wettbewerbssituation zwischen den nur durch die Potsdamer Straße getrennten, nun zum gleichen Konzernverbund gehörenden Kinos Cinemaxx und Cinestar aufzuheben.
| Beleuchtete Flächen, die jeweils mit ganz speziellen Motiven versehen waren, markierten die Eingangsbereiche zu den Sälen.
| Werbung für das IMAX im Durchgang zum Regionalbahnhof Potsdamer Platz. Inzwischen ist der weiterhin bestehende Durchgang zum Regionalbahnhof in eine öffentliche Fahrrad- Abstellanlage umgewandelt worden.
Die Umbaumaßnahmen laufen derzeit. Und auch der Name des ehem. "Sony-Centers" wurde bereits - der zum 31. März 2023 auch auslaufenden Kooperation mit Sony und der neuen Ausrichtung als Food-Marktplatz" besser entsprechend - seit dem 1. April 2023 in "Center am Potsdamer Platz" geändert.
Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge entwickeln. Ob es, wie hier und da zu lesen, wenigstens ein kleines Boutique-Kino an Stelle der damaligen Kinosäle des CineStar-Kinos geben wird? Man wird sehen...
| Auch bei Dunkelheit bot das halbkreisförmige Glasdach des Flurs zu den Kinosälen einen tollen Ausblick nach oben zur Zeltbedachung des Sony - Centers.
| Vom Umgang des IMAX hatte man einen fantastischen Ausblick auf den Platz des Sony - Centers. Ganz vorn in der Tiefe ist das halbkreisförmige Glasdach zu sehen, das den Lichteinfall auf den Flur zu den Kinosälen ermöglicht.
| Im Februar 2022 gibt es noch im Innenhof die kleine Wasserfläche mit dem Durchblick ins Untergeschoss zu den Kinosälen. Doch erste Bauarbeiten haben bereits begonnen.
| Staub liegt in der Luft auf Grund des Abrisses der Kinosäle.
| Bauzustand des ehemaligen Kinogeschosses am 22. August 2023.