Der Umsteiger. Teil 2


Vom Lokal zum Kiezprojekt


Der Umsteiger Yorckstraße

Geschichte eines Gaststättengebäudes
Teil 2

Zweiter Teil. Inhalt und Kapitelübersicht
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8 | Eigentümer- und Besitzverhältnisse

Die Besitzverhältnisse blieben über die Jahrzehnte bemerkenswert konstant, was für ein hinreichendes Einkommen durch den Gastbetrieb spricht. Grandjean besaß das Gebäude bis zum Beginn der 1920er Jahre. Ihm folgte Hermann Schulz, der, vermutlich auch mit seinem Sohn Gerhard als Nachfolger, die Gastwirtschaft bis gegen Ende der 1960er Jahre betrieb. Von Gerhard Schulz, der auch die „Berliner Fibel“, einen Grundschullesebuch jener Zeit, illustrierte, soll auch das große Wandgemälde, das die Seitenwand im „Umsteiger“ bis zuletzt schmückte, stammen.

 

Der nächste Pächter in der erstaunlich kurzen Reihe der Gastwirte war Johannes Schaletzki, dessen Sohn bei der Fa Manns an der Yorckstraße arbeitete. Herrn Schaletzki folgte in den 1980er Jahren Frau Ursula Prondzinsk. Von ihr hat vermutlich Karl- Heinz Mühlenhaupt, von Freunden nur „Kalle“ genannt, das Restaurantgebäude übernommen. Mühlenhaupt, gelernter Dachdeckermeister und Inhaber eines Dachdeckerbetriebs mit 50 Angestellten, vergab als "Generalpächter" seinerseits Pachtverträge für das Gaststättengebäude und dem daneben liegenden kleinen Laden. Das gleichfalls von ihm von der damaligen DDR - Reichsbahn gepachtete ehem. „Contorgebäude“ nutzte er hingegen für sich selbst als Wohnhaus.

 

An Mühlenhaupt hatte auch Herr Sens, letzter Betreiber des Lokals „zum Umsteiger“, seinen Pachtbeitrag zu entrichten. Die DDR - Reichsbahn, die im Bereich Yorckstraße und Bautzner Straße noch einige Güterschuppen bediente, besaß für die Bahnanlagen im damaligen West - Berlin nur eingeschränkte Eigentumsrechte für alle den Bahnbetrieb dienenden Anlagen. 

| Schnitt durch das Restaurantgebäude vom Juni 1905. Während in der oberen Zeichnung vom April noch keine Erschließung des Gebäudes durch Treppen etc. eingezeichnet ist, sieht man hier die sich vom Kellergeschoss bis ins 2. OG erstreckende Wendeltreppe als nunmehr zur Ausführung bestimmten finalen Lösung. Offenbar wurde auch die Frage der Stützmauern gegen den Bahndamm nunmehr anders gelöst, um so eine Verlängerung der Wendeltreppe bis in den Keller zu ermöglichen.

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| Das noch als "Bahnhofs-Quelle" bezeichnete Lokal im Restaurantgebäude, ca. 1930. Interessant ist an diesem alten Foto neben dem sich noch in alter Pracht zeigenden Gebäude des S-Bahnhofs Yorckstraße auch die auf dem benachbarten Grundstück bestehenden Firmen. Hierzu gehörte die auf dem Handel mit Fliesen spezialisierte Firma "Pflüger & Co." im alten, über den bogenförmigen Zugang zu erreichenden "Contorgebäude" auf dem Bahndamm sowie die Fa. "Paul Pflüger" die neben dem Aufgang ihr Konfitürengeschäft betrieb. Näheres über beide Unternehmen siehe nachfolgendes Kapitel. 

Das Eigentumsrecht für alle nicht dem Betrieb dienenden Grundstücke lag bei der "Verwaltung des ehem. Reichsbahnvermögens" - einer eigenständigen, letztlich den Westalliierten unterstehenden Verwaltung in West-Berlin. Mit der Übernahme der DDR- Reichsbahn durch die Bundesbahn bzw. der Deutschen Bahn AG wurden nunmehr auch die Betriebs- und Eigentumsrechte der Anlagen im Westteil der Stadt zusammengeführt. 2010 wurde so ein Verkauf aller von der Deutschen Bahn AG nicht mehr für den Bahnbetrieb benötigten Flächen an der Bautzener Straße sowie Yorckstraße möglich. Bis 2017 und seinem Ruhestand betrieb Herr Sens noch den "Umsteiger". Die Gaststätte wurde von ihm an zwei Herren verkauft, die den Umsteiger leider nicht mit gleichem Erfolg weiterbetreiben konnten. 2018 schloss der „Umsteiger“ für immer seine Türen.  

 

Doch damit endet keineswegs die Geschichte des seit 2013 unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes. Es wird weiterhin dem Kiez und seiner Bewohner zur Verfügung stehen, auch wenn sich seine Zweckbestimmung ändert. Nach einer denkmalgerechten Instandsetzung der Wendeltreppe und der Beseitigung der Wasserschäden im Kellergeschoß ziehen hier „Die kulturellen Erben“ ein. Der 2013 gegründete multikulturelle Verein „Die kulturellen Erben“ möchte einen Beitrag dazu leisten, dass die Authentizität des Kiezes bewahrt wird - ein Anliegen, dem sich auch schon der "Umsteiger" über den reinen Kneipenbetrieb hinaus durch Autorenlesungen und sonstige Veranstaltungen verpflichtet sah. Doch zunächst muss noch mit dem Denkmalschutzamt über die sachgerechte Sanierung der historischen Wendeltreppe im Gebäude gesprochen werden. Wenn dies abgeschlossen ist, kann die Zukunft für da ehem. Restaurantgebäude des "Umsteigers" beginnen.

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| Blick vom Bahnsteig auf das Empfangsgebäude des S-Bahnhofs Yorckstraße (rechts, kurz vor dem Einfahrsignal), dem benachbarten Gaststättengebäude mit seinem hohen Dach und dem ehem. "Contorgebäude", das zuletzt dem Generalpächter Mühlenhaupt als Wohnhaus diente. Das im Vordergrund zu sehende, von der Brücke kommende alte Gütergleis bildete einst die Zufahrt zum bis in die 1980er Jahre hier auf dem verwilderten Teil des Grundstücks stehenden großen Güterschuppens.

| Der Abbruch aller Bauten auf dem alten Gütergelände der Dresdner Bahn hat begonnen. Während das Bahnhofs- und das Restaurantgebäude unangetastet blieben, fehlt am "Contorgebäude" bereits ein Teil der Stirnwand. Das "Contorgebäude" ist das älteste Gebäude des gesamten Ensembles gewesen.

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9 | Ein Blick ins Innere

Im Juni 2024 waren große Teile der geplanten Arbeiten zur Anpassung und Ertüchtigung des ehem. Restaurantgebäudes für eine künftige Nutzung bereits abgeschlossen. Abstimmungsbedarf mit den Denkmalbehörden gab es lediglich noch für die Wendeltreppe, die als einziges Relikt der Innenausstattung des Gebäudes die Zeiten überdauert hatte.

 

Der Projektentwickler "HamburgTeams" gestattete mir im Zusammenhang mit meiner Arbeit zur Ermittlung der Baugeschichte gern einen Blick mit der Kamera ins Innere des Gebäudes.

| Die äußere Eingangstür zur ehem. Kultkneipe "Zum Umsteiger" war schon betriebszeitlich mit Graffiti versehen worden. Nur die wilde Plakatierung der Fenster ist eine Erscheinungsform des jahrelangen Leerstandes.

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| Außer den Bodenfliesen und der einst die Bar abgrenzenden Steinmauer ist nichts mehr von  der Inneneinrichtung der Kultkneipe "Zum Umsteiger" geblieben. Selbst der hölzerne Windfang wurde entfernt.

| Die in der hinteren rechten Ecke des Gebäudes durch alle Etagen verlaufende Wendeltreppe. Heute weitgehendst verschlossen sind die ehemals den Treppenaufgang belichtenden Fenster. Hier im Bereich des Erdgeschosses. 

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| Weitere Fensteröffnung kurz vor der 1. Etage.

| 1. Etage. Blick zu den Fenstern der Yorckstraße. Das linke, von den übrigen etwas abgesetzte Fenster lag einst in der Flucht der zweiten, heute nicht mehr existierenden Eingangstür des Erdgeschosses. 

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| 1. Etage. Blick zur vollständig restaurierten Brücke 5 (die ehem. Brücke der Dresdner Bahn ist die älteste im Bereich der Yorckbrücken). Die Brücke ist nun Teil eines übergeordneten Radwegs, welcher über das Dach des Bio- Marktes führt.

| 1. Etage. Blick aus dem Fenster. Links der U - Bahnzugang, rechts das prov. Brückenbauwerk zum S- Bahnsteig.

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| 1. Etage. Rückwärtiger Raumbereich. Die rechte Tür führt zur Wendeltreppe und von dort zur ein paar Stufen höher gelegenen Tür in der Rückfront.

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| 1. Etage. Tür zum ehemaligen Hof auf der Höhe des Bahndamms. Die Tür war zuletzt fest verschlossen. 


| Das Ende der Wendeltreppe ist in Höhe des 2. OG. erreicht. Gut zu erkennen das mit Metallblenden verschlossene Oberlicht, dass einst auch hier zur Belichtung der Wendeltreppe diente. Nur von Außen ist zu erkennen, dass es knapp oberhalb der Tür liegt

| Die Perspektive bringt die Gesamtsituation zwischen der Dachschräge, den Wänden und dem Schluss der Wendeltreppe zur Geltung.

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| Langsam kommt die Tür zum 2. OG in Sicht und damit das Ende der Wendeltreppe. Das Podest vor der Tür ist offenbar im Zuge der Renovierungsarbeiten zum größten Teil entfernt worden, wie auch am Wandabdruck erkennbar ist.

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| Zugangstür zum 2. OG mit dem im Zuge der Arbeiten stark eingekürzten oberen Podest.


| Das Zimmer des 2. OG, dessen schmale Doppelfenster im Giebelbereich des Daches liegen. Das linke hingegen befindet sich noch knapp unterhalb der Traufkante.

| Wer indes noch ein Stück höher hinauf zu gehen wünscht, der kann dies nur über den schmalen Korridor des 2. OGs tun, wo eine interessante Leiterkonstruktion zu diesem Zweck bereit steht.

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| Oben im Spitzboden ist der Platz jedoch reichlich knapp bemessen - aber immerhin.

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| Grundriss des EG und des 1. OG des Bahnhofsgebäudes. Rechts ist die lediglich 6 m breite Hoffläche und der Lagerraum für Kohlen eingezeichnet. Auch besteht vom Hof ein Zugang zum internen Treppenhaus. Der Reisende hingegen betritt von der Yorckstraße aus zunächst die Bahnhofshalle, wo er Fahrkarten kaufen oder Gepäck aufgeben kann. Zum Bahnsteig ging es nach links durch den Durchgang. Im 1. OG bestand eine Wohnung für den Bahnhofsvorsteher, deren Räume um die hohe Bahnhofshalle angeordnet waren. 

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10 | Zwischen Bahnhof und Restaurant: Der Hof

Aus Platzmangel musste für den 1902 errichteten Bahnhof Yorckstraße (S2) ein Teil des Bahndamms der Dresdner Bahn abgetragen werden. Während für die rückwärtigen, dem Bahndamm zugewandten Fenster des Erdgeschosses die Anlage eines Lichtschachtes ausreichend war, entschied man sich, zur Belichtung der seitlichen Fenster des Erdgeschosses, hinter denen sich der Fahrkartenschalter und das Büros des Bahnhofsvorstehers befanden, einen rund sechs Meter breiten Hof anzulegen. Auf diese Weise konnte ein separater Treppenzugang vom Hof aus zur in der 1. Etage gelegenen Wohnung angelegt werden. Auch der Bau eines Raumes zur Lagerung von Kohlen an der dem Bahndamm zugewandten Seite des Hofes war so möglich. 

 

Um den verbliebenen Teil des Bahndamms an der Yorckstraße seitlich gegen den Hof abzusichern, entstand eine hohe Ziegelmauer. Der Einfachheit halber beließ man diese beim Bau des unmittelbar angrenzenden Restaurantgebäudes bestehen.

 


| Bahnhofsfassade im Hofbereich.

| Zugang zum internen Treppenhaus des Bahnhofsgebäudes. Irgendwann erhielt der Eingangsbereich ein gläsernes Vordach.

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| Eingang vom Hof in den ehem. Kohlenlagerraum.

| Der Kohlenlagerraum zeigt sich im Inneren roh und unverputzt. 

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| Blick vom Bahndamm in Richtung Hofeingang und Yorckstraße sowie zum gegenüberliegenden U-Bahnhof. Rechts des S-Bahnhofs Yorckstraße, dessen zum Hof zugewandte Fassade noch ihre alte Gestaltung aus Klinkermauerwerk und den kunstvoll vergitterten Fenstern des Erdgeschosses besitzt. Die den Hof einst auf der linken Seite gegen den Bahndamm abgrenzende Stützmauer blieb beim Bau des Restaurantgebäudes bestehen und ist heute mit schützenden Blechen versehen.

| Da das Gaststättengebäude in den Bahndamm hineingebaut worden ist, war für die Anlage von Fenstern im Erdgeschoß ein Lichtschacht notwendig. Dieser ist heute knapp unterhalb des vergitterten Fensters des 1. OGs mit Platten abgedeckt. Auch die einst über den Lichtschacht zur Eingangstür führende Brücke gibt es heute nicht mehr. 

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11 | Gebt dem Bahnhof sein Dach zurück

Auf Grund der Zeitereignisse steht das ehem. Restaurationsgebäude scheinbar allein inmitten der derzeit noch verbliebenen 29 Brücken der Yorckstraße. Der stilistischen Zusammenhang, den das Haus früher mit dem benachbarten Bahnhofsgebäude besaß, ist heute bestenfalls zu erahnen.

 

Denn der Bahnhof Yorckstraße hat seine ursprüngliche Fassade weitestgehend verloren. Es fehlen das riesige Dach und der den Haupteingang bis hinauf in den Dachbereich zierende Giebel. Betritt man jedoch das Bahnhofsgebäude, so fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Weitgehend erhalten blieben hier die originäre Wandfliesung, die alten Handläufe und große Teile der Bodenfliesen. Die Eingangshalle  besitzt noch ihre teils vermauerten ehem. Schalterräume sowie die alten Obergadenfenster. 

 

Und auch der Zugang zum Bahnsteig erfolgt heute wie einst von der Eingangshalle aus durch einen kurzen, die Gleise unterquerenden Tunnel, der gleichfalls fast vollständig sein ursprüngliches Erscheinungsbild wahren konnte. Selbst die alten, an den Ecken montierten metallenen Stoßkanten sind teilweise noch vorhanden. Und wer die zugegebenermaßen hohe Treppe hinauf zur Bahnsteigebene geht, wird auch hier vieles entdecken, dass es heute auf anderen Bahnhöfen längst nicht mehr gibt. 

| Das bislang einzig bekannte Foto des Bahnhofs vor den Veränderungen der Nachkriegszeit.  Es zeigt das Gebäude wohl kurz nach dessen Fertigstellung im Jahre 1902. Noch gibt es das Restaurationsgebäude am rechten Bildrand nicht. Der Bahndamm erstreckt sich, durch eine Ziegelmauer gegen den Hof des Bahnhofsgebäudes geschützt, noch bis an die Yorckstraße.

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| Fassadenriss des Bahnhofs Yorckstraße (S2) von 1902. Das Foto des alten Bauplans entstand noch in der Kneipe "Zum Umsteiger". 

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Der Bahnsteig besitzt noch seine alten, das Dach tragenden Säulen der Jahrhundertwende. Eine Besonderheit sind die zusätzlichen hölzernen Abstützungen des Daches, die wie das Dach selbst aus der Nachkriegszeit stammen. 

 

Wenn auch die der Yorckstraße zugewandte Fassade des alten Bahnhofsgebäudes zu einem unbekannten Zeitpunkt - auch die Bahn konnte mir hierzu keine näheren Angaben machen - hinter einer glatten Putzschicht verschwunden ist, so bleibt doch dem genauen Betrachter nicht verborgen, dass die seitliche, dem Restaurantgebäude gegenüberliegende Fassade mit ihren kunstvoll vergitterten Fenstern und dem seitlichen Treppenturm noch ihr altes Ziegelmauerwerk behalten hat.

 

Was läge also näher, als dem Bahnhof Yorckstraße sein historisches Aussehen wieder zurückzugeben? Beide Gebäude – Bahnhof und Restaurantgebäude – stehen unter Denkmalschutz. Und beide Gebäude, so scheint es, brauchen einander. Sie wären, jedes allein für sich, kaum mehr als Ausdruck eines längst vergangenen Eisenbahnzeitalters und dem Wunsch der Eisenbahnverwaltung nach einer einheitlichen repräsentativen Stilistik kaum mehr verständlich. Ein wiederhergestelltes Bahnhofsgebäude wäre zudem die Klammer, welche dem Restaurantgebäude den notwendigen architektonischen Rückhalt geben würde. Gebt dem Bahnhof sein Dach zurück – bitte. Es wäre mein Wunsch.


| Eingang zum Bahnhof Yorckstraße. Fassade und Eingangstüren sind irgendwann einmal erheblich verändert worden. Aus der Zeit der DDR- Reichsbahn stammt noch die Beleuchtung, das S-Bahn Signet und die Buchstaben des Bahnhofsnamens. 

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| Eingangshalle des Bahnhofs Yorckstraße. Sie ist in vielen Details noch weitgehend erhalten. Zugemauert bis auf eine Stahltür und dem Fenster zur Yorckstraße ist jedoch heute das ehem. Büro des Bahnhofsvorstehers (links).


| Die dem Eingang gegenüberliegende Seite der Halle. Hinter den vier heute weitgehend zugemauerten Bögen befand sich die für den Bahnhofsbetrieb damals notwendigen Funktionsräume. Ganz rechts im Anschnitt das Büro des Bahnhofsvorstehers, daneben der heute längst geschlossene Fahrkartenschalter. Die beiden Stahltüren führen zum ehem. Aufenthaltsraum für Bahnhofsmitarbeiter und hinter dem Bogen links befand sich die Gepäckannahme. Beabsichtigte man eine Fernfahrt, so konnte man in jedem Vorortbahnhof (heute S-Bahn) auch sein Gepäck aufgeben. 

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| Blick von der Eingangshalle des Bahnhofs in Richtung des Verbindungsgangs und der hinten rechts im Ansatz zu erkennenden Bahnsteigtreppe. Ebenfalls bemerkenswert: Das am Beginn der Wandfliesung des kurzen Zugangstunnels auf der rechten Seite noch erhalten gebliebene, dunkelbraune, gusseiserne Eckprofil (siehe auch vorhergehendes Fotos). Im Vordergrund sind noch Reste der in Rot- und Weißtönen gehaltenen Mettlacher Fliesen der Eingangshalle zu sehen.


| Der unter den Gleisen verlaufende Verbindungsgang von der Bahnsteighalle (hinten) zum Treppenzugang des Bahnsteigs (links). Man beachte die kunstvoll gemauerten Auflager der Gewölbebögen, die alte Wandkeramik und den zu sehenden Handlauf. Vorne rechts hinter der Wellblechwand und der Reklametafel befand sich einst ein weiterer Ausgang. Die im Boden zu sehenden Abdrücke stammen von den Zugangssperren (ohne Fahrkarte war kein Betreten möglich) aus der Zeit der DDR - Reichsbahn.

| Im Bahnhofsgebäude sind zum zum Teil noch die alten kunstvollen Handläufe und deren gusseiserne Auflagen vorhanden. Auch die alten Wandfliesen in Beige- und Brauntönen blieben zumindest teilweise erhalten.

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12 | Spedition Albert Mann am Bahnhof Yorckstraße

Die Spedition A. Mann wurde 1918 von Albert Mann begründet und war in Berlin vor allem auf Transporte von Wein- und Spirituosen spezialisiert. Das Unternehmen besaß auf dem Gelände unmittelbar hinter dem Empfangsgebäude des S-Bahnhofs Yorckstraße einen großen Lagerschuppen, welcher auf der dem S-Bahnsteig zugewandten Seite über einen eigenen Gleisanschluss verfügte. Das Gelände ist heute mit den Wohn- und Gewerbebauten des Quartiers "Neu - Schöneberg" überbaut.

 

In den Bauakten finden sich nur wenige Unterlagen über den großen Lagerschuppen der Fa. Albert Mann. Am 29. Januar 1942 hatte die Spedition ein Schreiben an die Schöneberger Baupolizei eingereicht, in dem Sie um die nachträgliche Genehmigung einer bereits Anfang Dezember 1941 aufgestellten und in Betrieb genommenen zusätzlichen Baracke auf dem Lagerplatz 113 (zwischen dem Bahnhofsgebäude und dem Lagerschuppen) bat. Offenbar war das Frachtaufkommen zumindest während der ersten Jahre des Zweiten Weltkriegs derart groß, dass 26 "deutsche Arbeiter" hier beschäftigt werden mussten, für die der bisherige, lediglich 12 qm große Aufenthaltsraum bei weitem nicht mehr den Anforderungen entsprach.

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| Der große Lagerschuppen der auf Wein und Spirituosentransporte spezialisierten Spedition Albert Mann am Bahnhof Yorckstraße. Dieser bestand bis in die frühen 1980er Jahre. Der Bahnanschluss erfolgte über eine eigene, neben dem Gleis der S- Bahn liegende Brücke, deren vom Güterbahnhof der Dresdner Bahn (heute Gelände des Baumarktes) kommendes Gleis an einem Prellbock endete.


| Genehmigungszeichnung für die Erweiterung und Anpassung des Daches an die Gradiente des Anschlussgleises.

Teilweise, so wird in dem Antrag geschildert, mussten die Arbeiter sich auf dem Speicher (Dachboden) des Gebäudes umziehen. Die nun aufgestellte Baracke war von der Firma H. G. Paul Erfurt aus Neustadt am Rübenberge geliefert worden, die für den Aufbau auch eigens einen "Montagemeister" nach Berlin entsandt hatte. 1942 erfolgte zudem eine Vergrößerung des Daches, dass nunmehr dem Radius des in einem Bogen auf den Schuppen zulaufende Anschlussgleis angepasst wurde.

 

Die Spedition bestand - ebenso wie der große Lagerschuppen am Bahnhof Yorckstraße - über die schwierige Kriegs- und Nachkriegszeit hinaus. Es mangelte jedoch an weiteren Lagerräumen für eine Zwischenlagerung der in der Yorckstraße per Bahn ankommenden Weine und Spirituosen. Die Nachricht von der zum Verkauf stehenden alten Bockbierbrauerei an der Schwiebusser Straße kam da gerade recht.

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1955 erwarb nun der Sohn von Albert Mann, Walter Mann, das ehemalige Betriebsgelände der Bockbierbrauerei in der unweit entfernten, vom Mehringdamm abgehenden Schwiebusser Straße  - ein Grundstück, das bis zur Fidicinstraße reichte Das Gelände wurde bis 1958 an die Bedürfnisse der Spedition angepasst. Pferdeställe wurden in Garagen für die Lastkraftwagen des Unternehmens umgebaut und an Stelle des ehem. Brauereigebäudes entstand eine neue Lagerhalle. Hinzu kam ein Bürogebäude. In den 1980er-Jahren wurde der Schuppen am Bahnhof Yorckstraße aufgegeben und abgebrochen, da das Unternehmen nunmehr ausschließlich an der Fidicinstraße 4-5 (offizielle Postadresse) ansässig war.

 

Angesichts der günstigen Platzverhältnisse und der relativ sicheren ehem. Kellergewölbe der früheren Brauerei lagerte auf dem Gelände auch der Senat 50.000 Liter Wein und Spirituosen als Teil der sog. "Senatsreserve" ein. Die Spedition A. Mann bestand bis in die 1990er Jahre, das Gelände der Bockbierbrauerei blieb jedoch weiterhin in Familienbesitz und wird heute durch diese vermarktet. 

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| Schreiben vom 3. Juli 1969. Bitte um Zuteilung eines Statikers für den beabsichtigten Anbau an den Speditionsschuppen am Bahnhof Yorckstraße.


| Genehmigungszeichnung zur Errichtung eines Anbaus am Speditionsschuppen am Bahnhof Yorckstraße vom 11. Juni 1969. Das die Yorckstraße mittels einer eigenen Brücke querende Verbindungsgleis zum ehem. Güterbahnhof der Dresdner Bahn (heute Baumarktgelände) ist inzwischen auf die Länge der Laderampe reduziert. Eine Querung der Yorckstraße erfolgt über das weiter südlich gelegene Gleis, welches nach wie vor auch die übrigen Unternehmen auf dem Schuppengelände parallel zur Bautzener Straße versorgt. Mit "Büro" ist auf der Zeichnung das alte "Contorgebäude" bezeichnet, das nun von der Spedition A. Mann genutzt wird. Das benachbarte Restaurantgebäude ist schraffiert dargestellt.

| Genehmigungszeichnung zur Errichtung eines Anbaus am Speditionsschuppen am Bahnhof Yorckstraße vom 31. Juli 1969. Die Unterlagen sind inzwischen durch den Dipl. - Ing. Viktor Kremser, welcher im Zehlendorfer Rhumeweg 14 sein Büro hatte, in statischer Hinsicht geprüft und offenbar für genehmigungsfähig befunden worden. Mindestens ein Foto belegt die tatsächliche Ausführung.

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| Genehmigungszeichnung 

| Genehmigungszeichnung 

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