Planung und Bau. Die Joachim - Tiburtius - Brücke
Ensemble
U-Bahnhof Schloßstr.
Teil 1.
Brücke, Bahnhof, Turmrestaurant
Topanker
Ensemble1
1 | U-Bahnhof, Bierpinsel, Brücke: Das Ensemble
Bild und Text: Lutz Röhrig
Die Berliner U-Bahn ist die einzige in Deutschland, die über eine architektonische Bandbreite verfügt, die von den diversen Baustilen des Kaiserreichs bis hin in die Gegenwart reicht. Doch scheint dieses kulturelle Erbe zunehmend einer Gefahr ausgesetzt, die ausgerechnet in jenen Maßnahmen zu sehen ist, die eigentlich zu einer Aufwertung der Bahnhöfe führen sollten.
Denkmalschützer und Architekturkritiker zeigen sich seit Langem über den Umgang der BVG mit ihren Bahnhöfen besorgt. Dies betrifft leider auch den U- Bahnhof Schloßstraße, welcher auf Grund von umfassenden Renovierungsmaßnahmen sich aktuell weitgehend ohne die einst vom Architektenehepaar Ralf Schüler / Ursulina Schüler - Witte entworfenen Wand- und Deckenverkleidung im nüchternen Rohbauzustand zeigt.
1 | Schematische Planskizze des U-Bahnhofs Schloßstraße.
2 | Treppenabgang (zu den Zügen in Richtung Süden) in den für die Gesamtanlage vorgesehenen Kennfarben blau, rot und grün. Im Hintergrund die Treppenanlage zum Bahnsteig Fahrtrichtung Norden.
An die Stelle der blauen Hostalit-Verkleidungen traten dabei oft einfache Pinselanstriche, vor denen selbst die noch erhaltenen Architekturelemente und Wandflächen nicht ausgenommen worden sind. Auch die originären, durch das Architektenpaar Schüler / Schüler - Witte geschaffenen und optimal auf die Raumsituation abgestimmten Beleuchtungskörper wurden stillgelegt. Ihre Funktion übernahmen in der oberen Bahnsteigebene riesige Halbkugelelemente, die in ihrer Form so gar nicht zu der übrigen Architektur passen wollen.
Diese Besorgnis um den Erhalt der zeitgenössischen Architektur gilt auch dem mit dem U-Bahnhof eine architektonische Einheit bildende, gleichfalls von Schüler/ Schüler - Witte entworfenem Turmrestaurant, welchem der Volksmund den Namen "Bierpinsel" gab. Das Gebäude, welches seit Jahrzehnten leer steht und zunehmend dem Verfall ausgesetzt ist, erhielt vor einigen Jahren durch Künstler einen wenig ansprechenden Farbanstrich, welcher das Bauwerk zusätzlich abwertete.
Außer acht blieb bei den vorgenommenen Farbänderungen am Bierpinsel und den Treppenabgängen von der Straßenebene ins Verteilergeschoss, dass die Farbgebung aller Bauwerke einem festen, vom Architektenehepaar vorgegebenen Kanon folgt, welcher die Farben Rot und Blau für plastische Bauteile, gelb für die Beleuchtungskonstruktion und grün für die Wandfliesen vorsah.
Wegen seiner für das Berliner U-Bahnnetz ungewöhnlichen, jedoch durchaus zeittypischen Ausführung und der städtebaulichen Bedeutung des "Bierpinsels" als Steglitzer Wahrzeichen wurde das Gesamtensemble im Jahr 2017 unter Denkmalschutz gestellt. Zu diesem Zeitpunkt jedoch waren bereits Teile der blauen Hostalit-Verkleidung aller Pfeiler im Bereich der Bahnsteige entfernt und durch einen simplen blauen Anstrich ersetzt worden.
Ich hoffe sehr, dass sich auf Grund der denkmalrechtlichen Unterschutzstellung das Gesamtensembles bald wieder jenen Anblick bietet, wie er sich mir vor nunmehr 40 Jahren bot, als ich als junger Auszubildender tagtäglich mit der U - Bahn von Kreuzberg nach Steglitz fuhr. Unsere Stadt hätte die Bewahrung dieses einmaligen Architekturensembles mehr als verdient.
3 | Eingangsbereich Deitmerstraße. Auch hier finden sich die typischen, von Metallprofilen eingefassten Sichtbetonflächen. Allerdings hat man die Farbgebung stark verändert. Ursprünglich waren die rahmenden Metallelemente in Blau und das Geländer in Rot gehalten - sowie noch heute bei den unteren Treppenanlagen von der Verteiler- zur Bahnsteigebene.
Brutalismus2
4 | Sichtbetonflächen und farbige Absetzungen aus Metall oder Hostalit machen den speziellen Charme des Bauwerks aus. Treppenabgang von der Bahnsteigmitte zum Tiefbahnsteig.
2 | Der U-Bahnhof. Eine raue Schönheit des Brutalismus
Der U-Bahnhof Schloßstraße ist eine spröde Schönheit, deren wahren Werten man sich erst langsam annähern und bewusst werden lassen muss. Raue, von buntfarbenen Metallelementen eingefasste Betonwände, fantasievolle Beleuchtungselemente und das Vorhandensein von zwei übereinanderliegenden Bahnsteigen, obwohl, so scheint es , im Grunde für den heutigen Bedarf die Anlage eines Bahnsteigs ausreichend gewesen wäre.
Am auffälligsten ist jedoch die bis dahin im Berliner U – Bahnbau unbekannte extreme Sichtbarkeit großer, völlig unbehandelter Betonflächen, denen man selbst die Fugen der Schalungstafeln und Hölzer noch ansieht, zwischen denen die Wand- und Deckenflächen einst gegossen worden sind.
Diese später unter dem Namen „Brutalismus“ (abgeleitet vom französischen Begriff für Sichtbeton= béton brut) in die Architekturgeschichte eingehende, radikal reduzierte Form der Bauausführung sollte es so nie wieder im Berliner U – Bahnnetz geben.
Die Architektur des U – Bahnhofs Schloßstraße ist daher auch eine, die stets – damals wie heute – herausfordert. Ein intellektueller Konflikt, welcher letztlich auf Grund der weithin vorherrschenden Verkennung der architektonischen Bedeutung und der daraus resultierenden Missbilligung nun durch die bisherigen Korrektur- und Umbaumaßnahmen wohl zu einer völligen Veränderung dieses einmaligen Stücks Zeit- und Architekturgeschichte führen dürfte, wie Denkmalschützer und Kunstexperten befürchten.
5 | Der östliche Treppenabgang unterhalb der Joachim-Tiburtius-Brücke ins nördliche Verteilergeschoss. Die auf Grund von Vandalismus verblechten Schaufenster links gehören zum Spielwarengeschäft.
6 | Blumenladen im nördlichen Verteilergeschoss. Treppenaufgang unterhalb der Joachim-Tiburtius-Brücke zur Westseite. Die Farbgebung des Treppenaufgangs wurde auch hier verändert.
7 | Treppenaufgang zum Verteilergeschoss. Nach links geht es zum einstigen Übergang ins ehem. Wertheim-Kaufhaus, heute Boulevard Berlin. Der Treppenaufgang besitzt noch die originäre Farbgebung.
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8 | Hinweisschild im Round-Edge-Design und in den Farben der Endsiebziger-einschließlich einer damals gewöhnungsbedürftigen Rechtschreibung. Inzwischen ist dieses Hinweisschild hinter einer auf dem Bahnsteig errichteten, mit bunten Kacheln versehenen Mauer verschwunden.
3 | Aus der Niederlage zum Erfolg
Manchmal sind es auch die Niederlagen, die zu einem Sieg verhelfen können. 1967 erhielten Ralf Schüler und Ursulina Witte nach einem im Jahr 1966 gehaltenen Gespräch mit dem damaligen Bausenator Rolf Schwedler das Angebot, einen der beiden Bahnhöfe Rathaus Steglitz oder Schildhornstraße (später „Schloßstraße“) an der im Bau begriffenen südlichen Verlängerung der U9 entwerfen und ausführen zu dürfen.
Schwedler hatte 1964 den von Rolf Schüler und Ursulina Witte gefertigten Entwurf des U – Bahnhofs Blissestraße gesehen, welcher zwar wegen eines Formfehlers im ausgelobten Architektenwettbewerb nicht prämiert werden konnte, ihn jedoch derart beeindruckt hatte, dass er im Herbst 1966 dem Architektenehepaar einen der beiden neuen Bahnhöfe in Direktvergabe zur Ausführung überließ. Damit hatte sich die Beteiligung am Wettbewerb zum Bau des U - Bahnhofs Blissestraße in gewisser Weise doch noch als erfolgreich erwiesen.
Die geplante aufwendige Ausführung zweier auf unterschiedlichen Ebenen verlaufenden Richtungsbahnsteige, bei denen allein durch Wechseln der Gleisseite ein Umsteigen von der U9 zur damals geplanten U10 erfolgen sollte, sowie die engen Platzverhältnisse in der Schloßstraße und die hieraus resultierende besonders komplexe Planungs- und Bauaufgabe reizten das Paar besonders, so dass es sich für die Ausführung des späteren U - Bahnhofs Schloßstraße entschied.
Noch im selben Jahr heiratete das Paar Schüler / Schüler - Witte und eröffneten in Berlin ein eigenes Architekturbüro - letztere wurde dringend benötigt, da das Paar bereit im April des Vorjahres als Sieger aus dem Wettbewerb zum Bau mehrerer Messehallen und eines Kongressgebäudes hervorgegangen war. Dieses Projekt hatte jedoch zunächst noch nicht die Dimension, die es später in Form des riesigen ICC erhalten sollte.
9 | Wer Augen hat zu sehen, der sehe - jedes Bauwerk hat seine Zeit, in der es entstand und die es auch künftig verkörpern sollte. Mittlere Treppenverbindung zwischen den beiden Bahnsteigen.
10 | Ehemalige Fahrkartenausgabe. Noch mit originärer Hostalit-Verkleidung, aber die Fensterflächen wurden bereits blau gestrichen Platten verschlossen.
11 | Treppenabgang von der Verteilerebene des nördlichen Kopfbaus. Der auf dem Bahnsteig sichtbare grüne Steckzaun trennt das für die geplante U10 vorgesehene Gleis von dem der U9.
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12 | Der neben den Eingängen zum ehem. Wertheim-Kaufhaus liegenden Straßenzugang zur U-Bahn musste direkt unter eine der Gebäudeecken geschoben werden, da die Gehwegbreite der Schloßstraße keine andere Möglichkeit zuließ.
4 | Politik und Bahnhofsplanung
Wie bei allen Großprojekten im damaligen West-Berlin spielten auch beim U – Bahnbau politische Überlegungen eine große Rolle. Während die U9 eine völlige Neuschöpfung zur Umgehung des Ost- Sektors darstellte, griff die U10 eine Planung der 1920er Jahre auf, welche eine durchgehende Verbindung von Weißensee in den Süden Berlins vorsah.
Auch hier war die damalige politische Situation Vater des Gedankens, sollte doch vor allem im zur näheren Planung und Ausführung bestimmten Abschnitt Potsdamer Platz – Lichterfelde, die von der Reichsbahn der DDR betriebenen S- Bahnstrecke der Wannseebahn (heutige S1) obsolet werden.
Da das doppelstöckige Tunnel- und Bahnhofsbauwerk des U – Bahnhofs Schloßstraße im Rohbau von der Senats- Bauverwaltung fertig gestellt wurde, beschränkten sich die Planungsmaßnahmen des Büros Schüler / Schüler – Witte zunächst auf die architektonische Ausgestaltung des notwendigen technischen und funktionalen Innenausbaus.
Die Idee jedoch, das dem allgemeinen Fußgängerverkehr dienende Verteilergeschoss des nördlichen Kopfbaues direkt an die Warenhäuser von C & A und Wertheim anzubinden und hier weitere Ladengeschäfte zu schaffen, entstammte dem Architektenpaar. So sollte die Verteilerebene zusätzlich belebt und eine dunkle, ungemütliche Atmosphäre vermieden werden.
Der Kontakt zu beiden Warenhauskonzernen war bereits im Vorfeld entstanden, da C & A das Architektenehepaar hinsichtlich eines Umbaus Ihres Kaufhauses angefragt hatte, während Wertheim eine Neugestaltung des Untergeschosses mit einer Verbindung zum neu entstehenden U - Bahnhof wünschte. Leider distanzierte sich C & A jedoch recht bald wieder von dem Vorhaben, so dass nur der Anschluss an das Wertheim - Warenhaus realisiert werden konnte.
13 | Vor dem C & A Textilkaufhaus sind die Platzverhältnisse deutlich anders, als vor dem ehem. Wertheim-Kaufhaus. Daher war hier die Anlage eines großzügigeren Zugangs möglich. Auch bei diesem Eingang wurde allerdings die Farbgebung im Laufe der Zeit geändert.
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| Mit der Beauftragung des Architektenpaares zur Einbeziehung der Joachim- Tiburtius - Brücke in die Gestaltung des U - Bahnhofs wurden nicht nur die Pfeiler mit denselben Fliesen und Kennfarben wie im U - Bahnhof versehen, sondern es entstanden auch drei Kioske, die den Raum unterhalb der Brücke beleben sollten. Allerdings wurde beim letzten noch verbleibenden Kiosk die roten Elemente, die ebenso wie die einstigen Buswartehallen mit der roten Farbe des Bierpinsels korrespondierten, mit gelber Folie für die Produktwerbung überklebt.
5 | Die Joachim-Tirbutius-Brücke
Ein weiterer Grund, warum der Ausbau des U - Bahnhofs Schloßstraße für das Architektenehepaar Schüler / Schüler - Witte so reizvoll erschien, waren die parallel erfolgenden Planungen des sog. "Steglitzer Autobahnknotens", das Teil einer geplanten Ost - West - Verbindung (BAB 104) zwischen der 1961 - 1963 bereits im Abschnitt Rathaus Steglitz - Autobahnkreuz Schöneberg fertiggestellten Nord - Süd - Autobahn BAB 103 (Westtangente) und dem Berliner Stadtring BAB 100 werden sollte.
Für das Architektenehepaar bot die geplante Autobahnbrücke eine einzigartige Möglichkeit, hier einen sich über mehrere Ebenen erstreckenden Verkehrsknotenpunkt zu schaffen. Zudem entstand die Idee, diesen besonderen Verkehrsort durch eine städtebauliche Zeichensetzung in auffälliger Weise zu markieren - wie sie später in Form des Bierpinsels realisiert werden sollte.
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6 | Die Architektur der Autobahnbrücke
Dem Architektenpaar Schüler / Schüler - Witte oblag zunächst die Aufgabe, das in den Jahren 1967 bis 1971 nach den Plänen des Hochbauamtes des Landes Berlin erstellte Brückenbauwerk in ihre übrigen Planungen einzupassen. Konkret beauftragte der Senat das Architektenpaar mit der Gestaltung der heute nicht mehr bestehenden Treppenaufgänge von der Schloßstraße hinauf zur neu entstandenen Brücke. Hinzu kamen die beiden durch die BVG bestellten, ehemals auf der Brückenmitte befindlichen Buswartehäuschen.
Diese vom Architektenpaar entworfenen Buswartehallen waren ebenfalls im sog. "Soft - Edge - Design" gestaltet, die einen leuchtend roten Farbanstrich erhalten hatten. Zu diesem Rot kontrastierte die gelbe Rückwand und die grünen Sitzbänke in hölzerner Massivbauweise.
Eine weitere der vielen Maßnahmen der Architekten zur Integration des Brückenbauwerks in die Gesamtanlage war es, die im Bereich der Schloßstraße verlaufenden Brückenpfeiler mit derselben grünen Keramik zu versehen, wie sie bereits im U - Bahnhof Verwendung fand. Auch die Farbe Blau des U - Bahnhof wird in den Pfeilerköpfen zitiert.
Die insgesamt vier Treppenaufgänge, die von beiden Seiten der Schloßstraße hinauf zu den beiden Bushaltestellen auf der Brücke führten, erhielten an ihren unteren und oberen Enden jeweils die von den übrigen Zugängen her bekannten typischen Elemente im Soft - Edge - Design. Zudem war jede Treppenanlage mit einer Fahrtreppe ausgestattet.
| Nach der Aufgabe der Planung, das Steglitzer Kreuz an die BAB 103, der sog. "Westtangente" anzuschließen, blieb das Brückenende an der Schildhornstraße lange Zeit ein Provisorium. Erst 1993 wurde das Architektenpaar mit der Planung eines endgültigen Brückenabschlusses beauftragt. Die nun nicht mehr benötigten seitlichen Fahrbahnen wurden jeweils mit einer Wappenstele versehen.
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| Die beiden Wappen des Bezirks Steglitz (links) und der Stadt Berlin (rechts) zeigenden Stelen, welche den eigentlich bei direkter gradliniger Verlängerung der Schnellstraße für die Abfahrten vorgesehenen Bereich architektonisch abschließen.
7 | Der Umbau der Autobahnbrücke
Auf Grund von zum Teil massiven Protesten der Bevölkerung gegen den "Umbau Berlins zur autogerechten Stadt" konnte das geplante Autobahnprojekt der BAB 104 nicht mehr vollständig realisiert werden.
Die erst 1977 nach Joachim Tiburtius benannte Brücke über die Schloßstraße bildet somit einen der wenigen tatsächlich ausgeführten Abschnitte der Autobahnplanungen des Senats. Auf Grund der zeitlich unklaren Fortsetzung der Autobahnplanung erhielt die Brücke in Richtung Schildhornstraße jedoch zunächst nur eine behelfsmäßige Rampe. Ein Provisorium, das entgegen den damaligen Planungen noch Jahrzehnte Bestand haben sollte.
Mangelnde Erfahrung und die schlechte Ausführungsqualität der im Kern durch die Senatsbauverwaltung geplanten und ausgeführten Joachim-Tiburtius-Brücke ließen Ende der 1980er Jahren eine umfassende Sanierung vor allem der Brüstungen notwendig werden. Auch der bisher provisorische Abschluss der Brücke zur Schildhornstraße sollte, da auf den beabsichtigten Anschluss des Steglitzer Kreuzes an den Stadtautobahnring inzwischen verzichtet worden war, nunmehr in eine feste Rampenkonstruktion umgewandelt werden. 1990 wurde das Architektenpaar Schüler / Schüler-Witte daher mit der Anfertigung von Entwürfen zur Sanierung der Brücke sowie der Errichtung einer neuen Brückenauffahrt beauftragt.
Insgesamt wurden zur Sanierung des Brückenbauwerks sieben Entwürfe angefertigt, von denen einer den Abbruch der Betonbrüstung und Ersatz durch ein Stahlgeländer in gleicher Ausführung wie der des von dem Architektenehepaar gleichzeitig konzipierten neuen Brückenrampe vorsah. So sollte eine architektonisch einheitliche Verbindung zwischen der gänzlich anders gestalteten Auffahrt und der bestehenden Brücke hergestellt werden.
Denn in der Zwischenzeit - seit der Fertigstellung des Brückenbauwerks waren bald 30 Jahre vergangen - hatten sich Rolf Schüler und Ursulina Schüler-Witte architektonisch der Postmoderne zugewandt. Als Beispiel sei die in den Jahren 1985- 1986 errichtete Lichtensteinbrücke über den Landwehrkanal genannt, deren Stilistik große Ähnlichkeit mit der hier ausgeführten neuen Brückenrampe und deren Stahlbauteile besitzt.
| Mit dem Entwurf und Bau eines endgültigen Brückenabschlusses setze zugleich ein Wechsel in der Architekturauffassung bei dem Architektenpaar ein. Statt auf Sichtbeton setzte man nun auf optisch filigrane Stahlelemente in der Stilistik der Postmoderne, wie sie das Paar auch schon bei der Lichtensteinbrücke im Tiergarten angewandte hatte.
| Brückenunteransicht. Farbe und Ausführung im Stil der Postmoderne.
Diese Hinwendung zur Postmoderne bedeutete jedoch einen regelrechten Stilbruch zur Architektur der bestehenden Brücke über die Schloßstraße, der härter kaum sein könnte. Um die neue Brückenauffahrt daher gegenüber der Bestandsbrücke, die ihre Betonbrüstung aus Kostengründen behalten konnte, stilistisch voneinander zu trennen wurden zwei verklinkerte Portale links und rechts der Fahrbahn geschaffen, die mit dem Wappen der Stadt Berlin und des Ortsteils Steglitz versehen wurden. Eine noch heute in der Rückschau eher fragwürdige Lösung.
Der neuen eigenen Stilistik folgend, forderte Rolf Stüler auch ein Ersatz der beiden auf der Brücke befindlichen Buswartehallen. Die BVG plante jedoch, den Busverkehr auf der Brücke ganz einzustellen, da inzwischen am S- Bahnhof Steglitz umfangreiche Umbaumaßnahmen durchgeführt worden waren, die eine gradlinige Weiterführung der hohen Doppelstockbusse auch durch die unterhalb der S- Bahnbrücken in ihrer Höhe begrenzte Albrechtstraße möglich machte. In Konsequenz wurden daher nicht nur die Haltestellen, sondern auch bis 1993 die Treppenanlagen, die auf der südöstlichen Brückenseite nach oben zu den Bushaltestellen führten, sowie sämtliche Fahrtreppen im Brückenbereich beseitigt. Die frei werdende Fläche wurde u. a. von dem Spielwarenladen für eine Erweiterung der Geschäftsräume genutzt.