Stage Bluemax Theater
Marlene - Dietrich - Platz 4
Besuch1
1 | Ein Besuch während der Berlinale
Bild und Text: Lutz Röhrig
Zu den sicher auch architektonisch faszinierendsten Bauten zwischen Landwehrkanal und Potsdamer Platz gehört für mich das ehem. IMAX – Kino am Marlene-Dietrich-Platz, dass aktuell noch von der Blue Man Group bespielt wird. Erstmalig allerdings steht es im Jahr 2025 auch der Berlinale als Kinospielstätte zur Verfügung. Und dies gleich auch noch für den Prämierenfilm einer neuen, australischen Miniserie „The Narrow Road to the Deep North“. Doch was nach dem endgültigen Weggang der Blue Man Group im August aus dem Bluemax – Theater werden wird ist ungewiss.
Es ist ein Gebäude, das seine Besonderheiten – den riesigen, mit türkisfarbenen Platten verkleideten, kugelförmigen ehem. IMAX - Saal - schon von außen durch die riesige Glasfassade an der Eichbornstraße erkennen lässt. Und auch die riesigen Leuchtbuchstaben auf dem Dach des den Komplex zum Marlene - Dietrich - Platz hin abschließenden Rundbaus weisen darauf hin, dass sich hinter der Fassade wohl keine schnöden Büroräume verbergen.
| Das ehemalige Discovery Channel IMAX während der Auf - und Umbauten für die 75. Berlinale 2025. Das ehem. IMAX und heutige "Stage Bluemax - Theater" beherbergt - nach einem eigens durchgeführten Umbau - derzeit noch die "Blue Man Group". Doch nach 21 Jahren verlässt diese im August 2025 den Marlene - Dietrich - Platz gegenüber dem "Theater am Potsdamer Platz", dessen Vordach rechts oben im Anschnitt zu sehen ist.
Kuppel2
2 | Entwurf und Kuppelkonstruktion
Entworfen hat das vor allem auch wegen seiner Technik anspruchsvolle Gebäude mit seinen 440 Sitzplätzen innerhalb der Kuppelkonstruktion kein geringerer als der italienische Stararchitekt Renzo Piano (u. a. 1971–1977 das Centre Pompidou in Paris, 2012 The Shard in London), von dem auch der Masterplan des gesamten Daimler-Quartiers am Potsdamer Platz stammt. Das als IMAX – Filmtheater am 2. Oktober 1998 eröffnete Kino war erst das weltweit dritte Kino seiner Art (nach Madrid und Barcelona), in dem alle drei IMAX – Formate (IMAX, IMAX-3D und IMAX-Dome) gezeigt werden konnten.
Um das großformatige IMAX-Dome Format im Gebäude realisieren zu können, war der Bau einer Kuppelkonstruktion notwendig, die jedoch für die übrigen Formate entweder gar nicht benötigt wird oder ungeeignet ist. Aus diesem Grund entschied man sich für den Bau einer schwenkbaren, rund 1000 Quadratmeter großen gebogenen Projektionsfläche, die mittels 40 Tonnen schwerer Gegengewichte vor die normale Großbildleinwand oder nach oben geklappt werden konnte. Allein diese Spezialkonstruktion schlug mit 4,5 Millionen Mark der insgesamt 21,5 Millionen Mark teuren Innenausstattung zubuche.
Die gebogene Projektionsfläche wiederum machte den Bau einer Kuppelkonstruktion notwendig. Um Kosten und Zeit zu sparen entschied man sich dafür, keine klassische Schalung für den Betonguss zu errichten, sondern stattdessen ein in den USA entwickeltes, jedoch noch nie praktisch ausgeführtes Verfahren anzuwenden. Eine aus PVC, Glasfaser und Polyester bestehende 8 mm starke Hülle wurde innerhalb von 24 Stunden mit rund 50 Millionen Kubikmeter Luft zu einem Ballon rund 35 m großen Ballon aufgeblasen. Unter Überdruck wurde der Ballon dann von innen mit mehreren Schichten Beton – insgesamt rund 700.000 Liter auf 2300 qm Fläche – ausgespritzt. Ein Vorgang, welcher rund 1,5 Millionen Mark verschlang.
Die innere Organisation des Gebäudes blieb bis zuletzt – auch als Theater der „Blue-Man-Group“ - unverändert. Während man im Erdgeschoss des Rundbaus am Marlene – Dietrich – Platz seine Karten kauft, ging es danach mit der seitlichen Fahrtreppe ins 1. OG. Hier wartete man auf den Einlass zum Saal, zudem gibt es hier eine kleine Theke und die Garderobe. Eine weitere Fahrtreppe führt ins 2. OG, wo im Foyer eine größere Bar besteht. Das Verlassen des Saals erfolgt über die oberen Ausgänge zum Foyer des 2. OG sowie das Treppenhaus.
IMAX3
3 | Das Ende des Discovery Channel IMAX
Das IMAX bot mit seiner aufwendigen Technik ein in Berlin bis dahin nicht gekanntes Kinoerlebnis. Doch mit gewisser Sorge blickte die „Big Screen Cinema GmbH“ des IMAX - Betreibers Dieter Buchwald (Buchwald betrieb neben dem Berliner „Discovery Channel IMAX-Theater“ auch das Münchener IMAX am Deutschen Museum) auf das nur wenige 100 m weiter entstehende Sony – Center an der Potsdamer Straße, unter dessen zentraler Zeltdachkuppel ein Großkino mit 8 Sälen und einem weiteren IMAX – dem „Kino im Sony- Center“ (später „CineStar Original“ bzw. „CineStar IMAX“) entstand, welches am 20. Januar 2000 und damit nur 15 Monate später seinen Betrieb eröffnete.
Seither nahmen die Zuschauerzahlen des „Discovery Channel IMAX-Theaters“ ab. Hinzu kam eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der kanadischen IMAX – Muttergesellschaft und der „Big Screen Cinema GmbH“ von Dieter Buchwald, bei der er unterlag. Am 31. Juli 2006 musste Buchwalds „Big Screen Cinema GmbH“, das Kino schließen.
Blue4
4 | Umbau und Blue Man Group
Daimler-Chrysler als damaliger Vermieter des Gebäudes kam nun mit der „Stage-Entertainment“, welche eine dauerhafte Spielstätte für die im gegenüberliegenden „Theater am Potsdamer Platz“ seit dem 1. Mai 2004 mit großem Erfolg gastierende „Blue-Man-Group“ suchte, mit Genehmigung des Architekten Renzo Piano überein, das ehem. IMAX – Kino für die im gegenüberliegenden „Theater am Potsdamer Platz“ mit großem Erfolg gastierende „Blue-Man-Group“ umzubauen.
Nach Plänen des Architekten Frans Dikmans wurden die zuvor besonders steilen Zuschauerreihen abgeflacht, Teile des Saalbodens angehoben und das in der Saalmitte befindliche Projektionsgehäuse abgebrochen. Hinzu kam eine Beleuchterbrücke samt Schürboden. Durch die Umbauten erhöhte sich die Zahl der Sitzplätze des am 1. Februar 2007 eröffneten „Stage Bluemax – Theater" auf 631.
Seit 21 Jahren gastiert nun die „Blue-Man-Group“ im ehemaligen, für sie eigens umgebauten IMAX - Kino. Im August 2025 wird sie sich aus Berlin und damit auch aus Deutschland verabschieden. In New York, wo die Gruppe im Jahr 1988 gegründet wurde, war bereits am 2. Februar 2025 Schluss.
Wer jetzt noch jene mit weißen Plastikröhren auf ungewöhnliche Art Musik erzeugenden „blauen Männer“ sehen will, der muss nach Boston, Las Vegas, Shanghai oder ab April nach Orlando reisen. Und so war mein Besuch des ehem. IMAX - Kinos während der Berlinale zugleich auch ein Abschied. Denn was aus dem heutigen „Bluemax – Theater“ werden wird ist bislang unbekannt.
Mit dem Weggang der Blue Man Group im August und dem unbestimmten Schicksal des Bluemax – Theaters verliert das Areal rund um den Potsdamer Platz einen weiteren kulturellen Anziehungspunkt. Es bliebe dann nur noch das „Cinemaxx - Kino“ und das temporär bespielte „Theater am Potsdamer Platz“. Schon gibt es Vorstellungen, auch die Berlinale endgültig an einen anderen Standort zu verlegen.
Die Anzahl der Spielstätten vor Ort und die zuvor über das Filmmuseum noch mögliche Verknüpfung des Festivals mit der Geschichte des Films in Berlin sind hier nicht mehr möglich. Ein Blick auf die traurigen Überreste des „Boulevards der Stars“ auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße mag symptomatisch sein für die sich hier abzeichnende Entwicklung. Demnächst wird dieser einst bei jedem neuen Stern mit viel medialer Aufmerksamkeit und Prominenz bedachte Boulevard schlichtweg entsorgt werden. Sparzwänge und zudem die geplante Durchlegung einer Straßenbahnlinie lassen auch dieses letzte Relikt eines einst euphorisch gefeierten neuen Filmzentrums in Ablösung des historisch tradierten Kinostandorts „Kurfürstendamm“ verschwinden.
Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Ich fürchte, für die Umgebung des Potsdamer Platzes jedenfalls nur wenig…